Schräge Werbekampagnen ploppen immer mal wieder auf. Sie lassen uns jedoch meist nur Kopf schüttelnd oder Augen verdrehend zurück. Schlechte und geschmacklose Werbung provoziert hingegen eine Reaktion. Wir haben eine Hitliste der aktuellen Ausrutscher zusammengestellt.
Auch schlechte Werbung ist Werbung
Viele Werber rechtfertigen schlechte Werbung damit, dass das Ziel – Aufmerksamkeit – erreicht wurde. Dabei wird jedoch das eigentliche Ziel, zum Beispiel (Neu-)Kundengewinnung, außer Acht gelassen. Wenn ich eine Werbung sehe und sie abstoßend finde – warum sollte ich dann das Produkt kaufen? Schlechte Werbung ist also KEINE Werbung.
Werbung, die provoziert
Die schlimmste Art der Werbung ist wohl die provokative oder beleidigende „Werbung“. Diese sorgt nämlich nicht nur dafür, dass das Produkt nicht gekauft wird, sondern kann ganze Bevölkerungsgruppen gegen das werbende Unternehmen aufbringen und im schlimmsten Fall zu starkem Imageschaden oder Produktboykotts führen. Aber auch hier gibt es natürlich Abstufungen, denn Intention und Art der Provokation sind oft unterschiedlich.
So entsetzte kürzlich der geschmacklose Werbespot von HSE24 nicht nur Tierschützer. Im TV-Spot wird das Leben von Hamster Hansi durch seine konsumliebende Besitzerin bedroht. Denn diese liefert sich einen Disput über ein Kleid, während der Hamster in Ihrer Hand über die rotierenden Schneideblätter eines Mixers schwebt. Das eigentliche Ziel, den Umsatz anzukurbeln, erreichte der Spot wohl nicht. Auf die stürmische Kritik antwortete der Sender mit einer abgeschwächten Version des Clips. Statt Haustier hält der Kleiderfan nun ein ebenso geliebtes Utensil in den Händen: ihr Smartphone.
Geschmacklose Werbung entlarvt Rassismus
Mit seinem Image kokettieren ist natürlich interessant. Es ist jedoch eine Sache, wenn sich das Unternehmen in der eigenen Dauerausstellung seiner Geschichte stellt. Eine ganz andere Sache ist es, wenn VW einen Spot veröffentlicht, in dem ein schwarzer Mann von einer riesigen weißen Hand durchs Bild geschoben wird. Geschmacklos! Gesteigert wird dies, indem der Mann anschließend in den Eingang eines Hauses geschnippt wird. Seine Klimax erreicht die geschmacklose Werbung, als sich am Ende die Buchstabenfolge „Der neue Golf“ zusammenstellt. Deren mit einem großen „N“ beginnende Reihenfolge ein rassistisches Wort nahelegt.
Bewusste Provokation für Aufmerksamkeit
Es gibt tatsächlich Kampagnen, die absichtlich auf Provokation setzen, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Jüngstes Beispiel ist ein Zalando-Newsletter. Obwohl es natürlich ratsam ist, auf Aktualität zu setzen, sollte das gewählte Thema passend sein. Nach dem Motto: „Hat’s dich auch erwischt?“ spielt das Modeunternehmen die Ernsthaftigkeit der Corona-Pandemie herunter. So verschickte die Marketingabteilung unter dem fragwürdigen Betreff „Keine Panik vorm Style-Virus“ inklusive Zwinker-Smiley seine Werbebotschaft an die Abonnenten. Inhalt der Nachricht: „Hat’s dich auch erwischt? Da hilft nur eins: Füße hoch und unsere persönlichen Empfehlungen auschecken.“
Aufmerksamkeit war hiermit sicher. Jedoch negative. Zahlreiche User auf Twitter und Instagram nutzten die Chance unter den Hashtags #Zalando, #boykott, #Coronavirus ihrem Ärger Luft zu machen. Also: Ziel verfehlt.
Grenzwertiger Humor und Sexismus in der Werbung
Dann gibt es Werbung, die lustig sein will. Wenn Humor richtig ankommt, macht er eine Kampagne oft wesentlich erfolgreicher. Denn unterhaltsame Werbung wird häufiger angesehen. Damit bleibt sie auch besser im Gedächtnis. Jedoch kann man sich über Humor streiten. Und manchmal sitzt man einfach nur da und fragt sich: War das jetzt ernst gemeint?
So erhielt die Fahrzeugwerbung einer Unfall- und Tatortreinigung vom Werberat eine öffentliche Rüge.
Grenzwertiger Humor geht übrigens gerne mit Sexismus Hand in Hand. Hier wandeln die Werbenden ebenfalls auf einem schmalen Grat. Denn die Befindlichkeiten sind durchaus unterschiedlich. So kassierte „Die schnelle Nummer zum kleinen Preis“ ebenfalls eine öffentliche Rüge des Werberats. Bei dieser Nummer bleibt neben der Werbeaussage auch die Motivation fragwürdig. Liefert das Logistikunternehmen ebensolche schlechte Qualität ab wie das Plakat suggeriert?
Ungünstige Ad-Platzierungen
Übrigens: Selbst wenn alles richtig gemacht wurde, kann eine Werbung noch zur schlechten Werbung werden. Nämlich dann, wenn sie falsch platziert wird. Gerade in Zeiten der Internet-Ads ist dieses Problem allgegenwärtig. Aber auch bei Anzeigen in Printmedien kann man ganz gehörig ins Fettnäpfchen treten…
Mut zum Risiko – und zum gesunden Menschenverstand
Soll man nun immer nur konservative, altbewährte Werbemotive wiederholen? Sollte man bierernst die Vorteile seiner beworbenen Produkte anpreisen? Natürlich nicht! Dann würde der Faktor der Aufmerksamkeit verloren gehen und man könnte gleich auf die Werbung verzichten. Also: Mut zum Risiko, zum Humor und zu neuen Ideen. Aber auch Mut zum gesunden Menschenverstand und zu Werbemotiv-Tests im kleinen Kreis, um das Risiko zu minimieren und den Erfolg der Werbung zu maximieren.
Zu guter Letzt finden Sie hier noch einige tolle Beispiele, wie Werbung funktionieren kann.
Bildquelle: King James